Die Schwestern mit der weißen Tracht

Seit 2013 leben Dominikanerinnen von Bethanien in Meckenheim

Das Ordensleben ist in der Pfarrgemeinde Sankt Johannes in Meckenheim seit Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil. Viele kennen die Missionsschwestern im Seniorenheim Sankt Joseph persönlich. Seit 2013 lebt eine weitere Gruppe von Schwestern in der Gemeinde. Sie fallen vor allem durch ihre weißen Gewänder auf. Sie gehören zu den Dominikanerinnen von Bethanien.

In der neuen Kommunität Sankt Elisabeth leben unter Leitung der Priorin, Schwester Katharina, 10 Dominikanerinnen, die ihren Ruhestand in der Apfelstadt Meckenheim verbringen. Sie waren in Kinderdörfern, Gefängnissen oder für in Not geratene Menschen als Pädagoginnen oder Seelsorgerinnen tätig.



Außer Schwester Katharina sind die meisten Ordensfrauen über 80 Jahre alt. Neben der Leitung der Kommunität hat Schwester Katharina noch weitere Aufgaben: Sie arbeitet als Supervisorin, berät also Menschen mit Fragestellungen, die Beruf und Leben betreffen. Dabei versucht sie, gemeinsam mit den Hilfesuchenden herauszufinden, wo ihre Wünsche und Stärken in Leben und Beruf liegen. Außerdem ist sie in vielen Gremien ihres Ordens tätig und arbeitet religionspädagogisch in einem der Kinderdörfer.

Mit Sankt Elisabeth haben die Dominikanerinnen von Bethanien sich dafür entschieden, ihre betagten Ordensfrauen in einer Alteneinrichtung unterzubringen, wie Schwester Katharina erläutert. So können die Ruheständlerinnen in einer Gruppe ihr Ordensleben weiter pflegen und zugleich von der Versorgung durch die Alteneinrichtung profitieren. Auf diese Weise lasse sich das „Klosterleben mit Gott in unserer Mitte aufrecht erhalten“, so Schwester Katharina. Und die jungen Dominikanerinnen müssten sich nicht um die Pflege der älteren kümmern, sondern könnten ihren pastoralen, therapeutischen und pädagogischen Aufgaben in der Psychiatrie, in den drei Kinderdörfern in Deutschland und in Pfarrgemeinden nachkommen. In der Meckenheimer Einrichtung der Cellitinnen hätten sie sich am besten aufgehoben gefühlt. Und auch die Stadt gefiel den Schwestern aufgrund der Infrastruktur und der zentralen Lage.

Der Dominikaner-Orden wurde vor 800 Jahren durch den heiligen Dominikus gegründet. Er war davon überzeugt, dass Gott ein Gott der Liebe ist, der allen Menschen ohne Unterschied seine Barmherzigkeit schenken möchte. Mit der Zeit schlossen sich andere Männer Dominikus an, die als Brüder miteinander lebten. Auch Laien schlossen sich ihnen an. Dem Beispiel Jesu folgend, schickte Dominikus immer zwei Brüder gemeinsam auf den Weg, um die christliche Botschaft zu verkünden.

Ordensfrauen lebten zu seiner Zeit in Klöstern und unterstützten die Brüder durch ihr Gebet. Selber nach außen hin tätig zu werden, war ihnen bis dahin untersagt. Auf Bildern wird der Orden als Baum dargestellt, mit vielen verzweigten Ästen. Die Äste stellen die verschiedenen Kongregationen dar, die dem gemeinsamen Ursprung entwachsen sind.

Die Dominikanerinnen von Bethanien wurden erst 1866 von Pater Jean-Joseph Lataste gegründet. Er bekam die Aufgabe, in seiner französischen Geburtsstadt Cadillac südlich von Bordeaux Besinnungstage in einem Frauengefängnis zu gestalten. Er ging mit Vorurteilen in das Gefängnis der verurteilen Straftäterinnen. Doch dort eröffnete sich ihm ein grausames Bild. Vor ihm saßen 200 verängstigte Frauen, die unter strengen Bedingungen und schlechter Versorgung leben mussten. Sie arbeiteten viele Stunden am Tag hart, mussten schweigen und Anstaltskleidung tragen. Als Pater Lataste sie mit gesenkten Köpfen vor sich sitzen sah, verwarf er sein Predigtkonzept und sprach sinngemäß zu ihnen: „Meine lieben Schwestern! Gott liebt auch die Menschen, die Fehler machen. Dann müsste Euch auch die Gesellschaft verzeihen.“ Die Realität sah jedoch anders aus. In Frankreich herrschte das Rehabilitationsgesetz, nach dem die Frauen bei einer Verurteilung ihre Bürgerrechte verloren. Sie erhielten ihre Rechte erst zurück, wenn sie sich nach der Haftentlassung mehrere Jahre nichts mehr zu Schulden kommen ließen.

Es war für die Frauen nahezu unmöglich, auf legalem Weg ihr Überleben zu sichern und sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Da sie weder Wohnungen noch Arbeit bekamen, mussten sie stehlen oder sich prostituieren. So kamen viele bald wieder ins Gefängnis. Eine andere, ebenso grausame Option war die Möglichkeit, nach Übersee zu gehen, nach Cayenne - im wahrsten Sinne des Wortes dorthin, wo der Pfeffer wächst. Wenn sie nicht bereits bei der Überfahrt dorthin starben, wurden sie in Cayenne an Marktpfeiler angebunden, und straffällige Männer durften sich eine Frau aussuchen. Angesichts dieser Perspektivlosigkeit töteten sich viele Frauen noch im Gefängnis selbst, indem sie sich in den Gefängnisbrunnen stürzten.

Als Pater Lataste zum zweiten Mal Besinnungstage im Gefängnis abhielt, machte ihm eine der Frauen bei der Beichte ein erschreckendes Geständnis. Es sei schön, was er predige, aber sie werde nicht noch einmal hierher zurückkehren. Pater Lataste wollte sie vor dem angekündigten Suizid bewahren und versprach ihr, einen anderen Weg zu finden. Er wollte ein Haus suchen, indem sich die Frauen rehabilitieren können, fern ab von Besserungshäusern und einem Leben auf der Straße.

Da er als Mann nicht in der Frauengemeinschaft leben konnte, suchte er nach einer Mitstreiterin. Er fand sie in Mutter Henri-Dominique Henrika, einer Dominikanerin. So wurde 1866 das Haus von Bethanien gegründet. Der Name der Hausgemeinschaft bezieht sich auf die biblischen Schwestern Martha und Maria Magdalena von Bethanien. In ihr wurde die stadtbekannte Sünderin gesehen, die nach der Begegnung mit Jesus wieder ein ehrbares Leben führte. Die von den beiden Schwestern markierten Dimensionen des Menschseins sollten in diesem Haus aufgehoben sein. Es sollte erfahrbar sein, dass jeder Mensch, so wie er ist, von Gott gewollt ist und es nichts gibt, dass ihn von Gott trennen kann. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft zur Umkehr. Das Konzept war, dass Frauen mit unbelasteter Vergangenheit mit den Haftentlassenen zusammenleben, um die Vorurteile der Gesellschaft gegenüber ihnen zu überwinden. Drei Jahre nach der Gründung des Hauses von Bethanien starb Pater Lataste. Mutter Henrika Dominika führte die Arbeit in seinem Sinne weiter.

Anfang des 20. Jahrhunderts traten dann auf Vermittlung eines Berliner Dominikaners deutsche Schwestern ins französische Dominikanerinnen-Kloster ein. Aufgrund der Erfahrungen in der Großstadt Berlin wuchs ihnen der Entschluss, dass die Idee von Bethanien auch in Deutschland gebraucht werde. Die Schwestern sollten in Frankreich ausgebildet werden und dann in Deutschland tätig werden. Doch dann kam der Erste Weltkrieg. Deutschland und Frankreich wurden zu Feinden - und die deutschen Schwestern mussten über Belgien in das niederländische Venlo zu den befreundeten Dominikanern fliehen.

Wegen des Krieges riss der Kontakt zur Gemeinschaft in Frankreich ab. So wuchs eine zweite eigenständige Gemeinschaft in den Niederlanden heran. Während die Dominikanerinnen in Frankreich ein kontemplatives, also ganz dem Gebet gewidmetes Leben führten, übernahmen die Schwestern in den Niederlanden konkrete karitative und pädagogische Aufgaben insbesondere in Gefängnissen und Kinderdörfern.

In der Bundesrepublik gründete die Gemeinschaft in den 1950er und 1960er Jahren drei Bethanien-Kinderdörfer: in Bergisch Gladbach, Eltville und Schwalmtal. Dort befindet sich auch die gemeinnützige Bethanien Kinderdörfer Gesellschaft, der Träger der Einrichtungen, die umgangssprachlich auch Kinderdorf Bethanien genannt werden. Auch nach ihrer Zeit in den Dörfern bleiben viele der einstigen Bewohner mit den Schwestern in Verbindung, so Schwester Katharina. Weil aber seit den 70er und 80er Jahren die Ordenseintritte rückläufig sind, bindet die Gemeinschaft mehr Laien in ihre Arbeit ein. Die Schwestern selbst sind ihren Wurzeln dabei immer treu geblieben und gehen bis heute in Gefängnisse und arbeiten mit Benachteiligten. „Es ist uns wichtig, vom Ursprung her, bei dem was wir tun, unser Leben mit den Menschen zu teilen. Das Reich Gottes soll auf bethanische Weise verbreitet werden, das ist unser Ideal, der gedankliche Schwerpunkt im Kopf“, erläutert Schwester Katharina.

Übrigens:  Das weiße Gewand der Schwestern geht auf Dominikus zurück. Der ungefärbte Stoff war damals der billigste. Für die Arbeit in den Kinderdörfern entschieden sich die Ordensfrauen jedoch, in zivil zu gehen, weil die Kinder sonst stigmatisiert würden, sobald zu erkennen sei, dass sie in einem Heim leben. Durch die Arbeit mit der jungen Generation würden die Schwestern - bundesweit sind es heute rund 50 - mit allen Themen konfrontiert, die das Leben von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen betreffen, betont Schwester Katharina. Dazu passt das Zitat von Elisabeth Kübler-Ross, das auf einem Kalenderblatt in ihrem Zimmer zu lesen ist: „Das Leben ist eine Schule; wir sind da, um etwas zu lernen und etwas zu lehren“.

Katrin Brüsselbach

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