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"Größte Katastrophe der Meckenheimer Geschichte"

Ökumenisches Gedenken an die Opfer der Bombardierung der Stadt vor 70 Jahren

Mit einem ökumenischen Gottesdienst ist am Montag, 2. März, an die Opfer der Bombardierung Meckenheims vor 70 Jahren gedacht worden. Pfarrer Reinhold Malcherek und Superintendent Mathias Mölleken (evangelische Christuskirche) sowie Meckenheims Bürgermeister Bert Spilles erinnerten in der katholischen Pfarrkirche Sankt Johannes an die 201 Opfer, die bei den beiden Fliegerangriffen am 2. März 1945 und beim Angriff am 5. März 1945 ums Leben kamen. Vor der Feier hatten die Geistlichen und das Stadtoberhaupt zum Gedenken an die Toten einen Kranz in der Kriegergedächtniskapelle niedergelegt.

Pfarrer Malcherek zitierte den Eintrag des damaligen Oberpfarrers Heinrich Broelsch vom 2. März 1945 in der Pfarrchronik: „Die Zahl der Toten ist nicht zu übersehen. Das Leid ist groß. Als es an die Bergung der Leichen geht, spielen sich herzzerreißende Szenen ab. Einzelne Familien wurden furchtbar getroffen. Sie wurden fast ganz vernichtet und verloren Haus und Vieh.“ Nach den Worten Malchereks mahnen die Opfer, dem Frieden im persönlichen wie im öffentlichen Leben „unbedingt den Weg zu bereiten“. Diese gelte für die Krisengebete der Erde, das Zusammenleben der Generationen oder den Umgang mit Flüchtlingen in Meckenheim.

Superintendent Mathias Mölleken rief dazu auf, sich nicht alleine davon beeindrucken zu lassen, dass es damals auch das kleine Meckenheim getroffen hat. „Lassen wir uns bitte darauf ansprechen, dass dieses Gedenken uns allen zu einem unvergesslichen und verpflichtenden Mahn-Datum wird: Niemals mehr Krieg!“ So bemitleidenswert, tragisch und schlimm das persönliche Schicksal eines jeden Opfers und seiner Angehörigen sei, „so haben wir zu bedenken, dass Deutsche zu Tätern wurden, die uns ein schweres, erdrückenden Erbe hinterlassen haben“. Es sei geradezu fatal, wie schnell und leichtfertig heute wieder die Ermahnung gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz in den Wind geschrieben werde. Zudem kritisierte Mölleken die „Verführung von Macht- und Wirtschaftsinteressen, die massenhaft menschliche ‚Kollateralschäden‘ in Kauf nimmt“. Das Gedenken könne nicht ohne Blick auf die bedrohlichen Entwicklungen in der Ukraine, in Syrien, im Sudan, in Israel und Palästina geschehen.

Bürgermeister Spilles sprach von einem unermesslichen menschlichen Leid und der „größten Katastrophe der Meckenheimer Geschichte“. Zunächst hätten Flieger der 9. Jagdbomberdivision aus Beaumont in Frankreich und Florennes in Belgien am 2. März um 10.45 Uhr 100 Sprengbomben über Meckenheim abgeworfen. Während Verwundete und Tote aus den Trümmern geborgen worden seien, habe um 12.30 Uhr der nächste Angriff gestartet. Beim dritten Angriff am 5. März seien 354 sogenannte 500-Pfundbomben abgeworfen worden. Den wahren Grund, warum die amerikanische Generalität den Befehl für diesen weiteren Angriff gegeben habe, „wird man wohl nie erfahren“, so Spilles. „Die verheerenden Auswirkungen der Bomben war die tiefste Zäsur der Stadtgeschichte.“ Viele Keller seien zu Gräbern für ganze Familien geworden, für Hinterbliebene hätten Lebensträume geendet. Das Gedenken beziehe sich aber nicht nur auf Meckenheimer, sondern auch auf Auswärtige, die in der Stadt Schutz suchten, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Soldaten, die an den beiden März-Tagen den Tod fanden.

Bei der Erinnerung heute geht es nach den Worten des Bürgermeisters aber nicht um Anklage oder um eine Aufrechnung der Taten Deutscher gegen die Taten der Alliierten. „Uns geht es heute um die Trauer“ und die Anteilnahme am Schicksal der Toten und ihrer Familien, so Spilles Daraus folge nicht Anklage und Aufrechnung, sondern Verständigung und „Mahnung für alle Zukunft“. Das Leid in Meckenheim wie in ganz Europa sei Folge des Weltkrieges gewesen, in das Meckenheim und Deutschland sehenden Auges eingetreten seien. Vergessen werden dürfe aber auch nicht, mit welcher ungeheuren Tatkraft, Zuversicht, positiver Energie und kollektivem Zusammenstehen Meckenheim wieder aufgebaut worden sei.

An dem Gedenkgottesdienst nahm eine Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr Meckenheim teil. Sie feiert aus Anlass der Bombardierung jedes Jahr ihren Feuerwehrgottesdient. Der inzwischen 10. Gottesdienst verband sich diesmal mit der ökumenischen Feier zum 70-Jahr-Gedenken. Dabei verlasen vier Schülerinnen die Namen der 201 Toten. Meckenheim zählte damals rund 2.300 Einwohner. 55 Bewohner wurden verletzt. 

Andreas Otto

Den Bericht des General-Anzeiger vom 04.03.2015 zum Gedenkgottesdienst finden Sie hier.